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Schachspiel endlich fertig !

Rekonstruktion eines ottonischen Schachspiels:

Schach21

Es begann am Anfang des Hobbies  noch in den Tagen als wir „Pfalzbelebungen“ in Tilleda durchführten. Das muss so 2005 oder 2006 gewesen sein. Da nahm ich mir ein paar Buchholzstäbe und schnitzte los. Als Vorlage gab es kein vollständig gefundenes Schachspiel, sondern nur einzelne Fundstücke, die ich in den Katalogen Otto der Große, Magdeburg und Europa (2 Bände: Katalog und Essays) und Kaiser Heinrich II. (Ausstellungskatalog der Ausstellung in Bamberg) fand.  Andere Figuren Rukh=Turm und Wesir=Dame empfand ich nach. Der Klops ist mir dabei mit dem Rukh passiert, der bereits eine turmartige Gestalt hat, wie sie heute üblich ist. In dieser Form taucht die Figur erst im Schachbuch von Alfonso X. (El Sabio) im 13. Jahrhundert auf. (Das Schachbuch lohnt übrigens einen eigenen Beitrag bei Gelegenheit)  Auch wäre Haselholz evt. besser als Buchenholz gewesen. Aus Haselholz waren die Schachfiguren vom Fundplatz Charavines (1008 – 1010), am lac de Paladru zwischen Grenoble und Lyon. Bergkristall, das für viele frühe Schachfiguren nachgewiesen wurde, wäre doch etwas zu wertvoll gewesen! Doch die wichtigste Frage ist zunächst:

Wurde Schach im Ottonenreich gespielt?

Daran gibt es keinen Zweifel. Zwar ist die Nachricht, dass Kaiserin Theophanu das Schachspiel aus Byzanz mitgebracht hat, nur mit Hilfe von Indizien zu belegen: Heinrich II. war in Besitz von Schachfiguren, die aus dem von der Kaiserin mitgebrachten byzantinischen Schatz stammen könnten. Diese aus Achat und Chalzedon gearbeiteten Figuren wurden als Schmuckstücke in die Kanzel des Aachener Doms eingearbeitet, die Heinrich stiftete. Dort kann danach gesucht werden. Kostbare Schachspiele wurden gerne an die Kirche verschenkt, das war nicht nur bei Heinrich der Fall, sondern auch Urkunden (die früheste von 1008 oder 1010 vom katalanischen Grafen Ermengaud) bezeugen, das kostbare Schachspiele verschenkt worden sind.

Doch es gibt noch einen weiteren Fund aus dem Gebiet der Ottonen: Auf der Burg auf dem Kanstein nahe Langelsheim wurde eine ins 10. Jhd. datierte Schachfigur aus Zahnbein (Elfenbein) vom Pottwal gefunden, die von der Formgebung „den abstrakten orientalischen Vorbildern“ folgt. Womöglich ist sie auch im Orient oder in Spanien hergestellt worden. Da die Ottonenzeit auch einmal als Schülerprojekt gestartet ist, verlinke ich hier ein ähnlich schönes Projekt über die Kansteinburg.

Schachfiguren Caravines

Schachfiguren aus Caravines aus verschiedenen Materialien, Foto: Uhl

Der oben bereits erwähnte Fundort Charavines zeigt an, dass einfachere Schachspiele aus Holz, Knochen oder Hirschgeweih bereits zu Beginn des 11. Jahrhunderts auf Herrenhöfen und Adelssitzen vorhanden waren und damit auch gespielt wurden.  Hier zum Anschauen Funde von weiteren historischen Schachfiguren …

Figuren aber kein Brett !

Die Figuren konnten also nach den Vorlagen nach empfunden und rekonstruiert werden. Das helle Buchenholz habe ich für die weißen Figuren nur geölt und für die schwarzen Figuren verwendete ich eine von Dr. Wunderlich empfohlene Lasur aus Walnussschalen. Hier dazu mehr …

Die fertigen Figuren sehen nun so aus:

Schachfiguren

Bei allen Recherchen fand ich aber kein Schachbrett für das 10. Jahrhundert. Wie ein Schachbrett mit Einlegearbeit hergestellt wird, fand ich zwar im Schachbuch des Alfonso X. von León-Kastilien. Aber dies ist erst 13. Jahrhundert! Wir entschieden uns für eine Variante aus Stoff (siehe oben), die ebenso gut wie die Figuren in einem Beutel verstaut werden kann. Genauso gut wäre denkbar, dass vor Ort auf einem Tisch ein einfaches Schachbrett eingeritzt wurde. Und wie könnte der Beutel ausgesehen haben?

Beutel für Schachfiguren

Auch hier sagt die Befundlage für das 10./11. Jhd. gar nichts ! Die Vielfalt der Abbildungen von Beuteln und Behältnissen für Schachfiguren im Schach- und Spielebuch vom bereits erwähnten Alfonso X. war so groß, dass wir nun nicht mehr widerstehen konnten und für Figuren und Brett aus Stoff einen dieser Beutel nachmachten.  Da diese Beutel im 13. Jhd. so selbstverständlich waren und fast auf jeder Abb. dazugemalt wurden, nehmen wir eine ähnliche Aufbewahrungsart für das Alltagsschach auch im 10. und 11. Jahrhundert an. Isi

Damit war unsere Rekonstruktion fertiggestellt und kann künftig in Museen und Lagern gespielt werden. Am Ende noch ein Tipp zum Weiterlesen und evt. zum Besuchen: Das Schachdorf Ströbeck und sein Schachmuseum.

Euer Isí

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