Lebendige Geschichte

Wie unsere Kleidung ins Museum kam!

Das Archäologische Museum Hamburg zeigt vom 25. November 2021 bis 17. April 2022 die neue Sonderausstellung „Burgen in Hamburg – Eine Spurensuche“. Nachbildungen der Historischen Kleidung stammen von unseren Vereinsmitgliedern. Lis Mann beschreibt, wie es dazu gekommen ist:

Ende August diesen Jahres erreichte mich eine Mail von lieben Bekannten. Für eine Ausstellung im Archäologischen Museum in Hamburg wird Kleidung des 11.Jahrhunderts gesucht – ob wir da aushelfen könnten oder jemanden wüsste der aushelfen könnte. Hmmm. Kleidung des 11. Jahrhunderts hatten wir ja selbst. Die ist schon nicht sooo schlecht, aber ob die museumstauglich ist? Naja, man kann ja mal fragen, um was es da eigentlich geht. Also habe ich Olaf, unseren Bekannten, angerufen. Er erzählte: Es geht um eine neue Ausstellung, die Ende des Jahres eröffnet werden soll und die man ein wenig „lebensechter“ gestalten möchte. In der Hamburger Innenstadt, an der Ruine der Nikolaikirche, finden, bzw. fanden, seit einiger Zeit archäologische Ausgrabungen statt, bei denen man eine Burg nachweisen konnte, die neben der Hammaburg der historisch Ursprung Hamburgs gewesen ist. Und die ist aus dem 11. Jahrhundert, was ja genau zu unserer Darstellung passt. Und damit man nicht „nur“ Bildtafeln zeigt, kamen den Mitarbeitern des Museums die Idee, doch auch Puppen mit authentischer Kleidung hinzustellen.

Eine ganze Familie ins Museum

Wenn möglich eine Familie, das wäre am besten. Okay. Dachte ich mir. Das hört sich spannend an. Eure Klamotte sieht doch gut aus … Ja nee, vielen Dank, aber fürs Museum? Wo ganz viele Leute dran vorbeigehen und stehenbleiben und die Bindungen der Wollstoffe, die Ausarbeitung der Keile und der Armausschnitte und sogar die Nähte analysieren? Öhhhhhh … ich frag mal rum, wer euch vielleicht helfen kann. Und dann hab ich mich mit der Bilderfestplatte vor den PC gesetzt und alte Bilder durchgesucht. So ein bisschen eitel bin ich ja dann doch, vielleicht ist unsere Klamotte ja doch nicht so schlecht. Und außerdem wäre es problemloser zu klären und organisieren – Hamburg ist ja quasi um die Ecke. Ich habe dann also schließlich ein paar Bilder von Hermann und von mir rausgesucht – auf denen die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der Tracht zu sehen war und habe sie ans Museum geschickt. Zur Ansicht und Prüfung sozusagen, ob das so was wäre. Für die Kinderkleidung hatte ich auch eine Idee, denn es sollten kleinere Kinder sein. Von unserem Sohn hatten wir nichts mehr, das war zu lang her, aber Anne und Jörns Kinder sind im perfekten Alter – die beiden hatten sicher noch die schönen Kleider ihrer Tochter und eins, zwei Tuniken ihrer Söhne, aus denen die Kinder heraus gewachsen waren. Das war nicht ganz lang her … Und ich hatte Glück, es war noch was da und so wurden auch Bilder von Kinderklamotten nach Hamburg geschickt. Und ab diesem Zeitpunkt nahm das alles seinen Lauf … ein paar Mails, ein paar Telefonate mit dem Museum. Die Kleidung ist super, das würde gut aussehen auf den Puppen im Museum, aber einen Haken hatte es natürlich auch, denn:

Bis April auf unsere Sachen verzichten!

Das hieße für uns, wir müssten bis Ende April auf die Kleidung verzichten. Auf unsere geliebte salische Klamotte! Hmmmm. Naja. Ganz negativ gedacht: man kann ja eh nicht viel machen heutzutage. Ganz positiv gedacht: Na gut, die Reenactment-Saison geht ja auch sowieso erst im Mai los. Und unser Ottonentreffen fand zum Glück noch vorher statt. Also wurde ein Leihvertrag gemacht und das Museum hat genaue Infos zu den einzelnen Kleidungsstücken erfragt – mit welchen Farben die Stoffe gefärbt wurden und welche Quellen wir benutzt haben – für die Infoschilder. Die Ausstellungseröffnung war dann für Ende November geplant, bis dahin sollten die Puppen auch da sein. Wir hatten vereinbart, dass wir die Kleidung selber hinbringen und auch die Puppen selbst anziehen. Und dann wurde die Zeit knapp. Wir hatten nur das Wochenende vor der Eröffnung zur ​Verfügung, es bestand die Gefahr, dass die Puppen nicht rechtzeitig kämen und sogar eine wachsende Zahl an Covid-Neuinfektionen drohte. Doch es hat geklappt – ganz knapp. Zumindest eine Frauen- und eine Männerpuppe waren da und eine Kinderpuppe. Eine weitere Kinderpuppe soll wohl noch nachkommen. 4 Tage vor Ausstellungseröffnung sind wir (leider nur wir beide, ohne Anne und Jörn) dann nach Hamburg gefahren und haben die drei Puppen angezogen. Es waren keine Besucher da (weil die Ausstellung noch nicht eröffnet war), so konnten wir nicht nur die schon vorhandenen Ausstellungsstücke und -tafeln sehen, sondern auch in aller Ruhe die Puppen anziehen. Leider, leider konnten wir das süße Mädchenkleid noch nicht verwenden, die Kinderpuppe war zu groß. Also hat sie die Jungenkleidung anbekommen, die perfekt passte. Die Mädchenkleidung würde später, wenn die Puppe noch kommt, Olaf anziehen. Bei der Frauen – und Herrenpuppe war das Anziehen komplizierter:

Hermann, schraub die Arme ab!

Hermanns Beinlinge sind beinahe zu kurz gewesen. Noch schlimmer: Meine Kleider waren definitiv zu kurz und bei der Püppi im Kleid so richtig viel Platz. Aber mit Gürtel drum gings … Und wir wissen jetzt, dass man bei Schaufensterpuppen manchmal die Arme abschrauben und im Dunkeln in zwei Schichten Kleidung fühlend wieder anschrauben muss. Dann standen sie da – die drei. Fertig angezogen. Olaf war begeistert, der Museumsleiter war begeistert … und wir schwankten noch zwischen totaler Euphorie, Stolz und ein wenig Traurigkeit, die doch richtig liebgewonnene Klamotte dort zu lassen. Aber die Puppen sahen toll aus und fügten sich schon jetzt optisch super ins Gesamtbild ein. Ach was … das wird schon gut aussehen, wenn es fertig ist. Bevor wir uns verabschiedeten, haben wir noch den nagelneuen Begleitband (noch vor Verkaufsstart!) für uns und für Anne und Jörn erhalten. Da habe ich schon drin geblättert und gelesen. Wirklich gut gemacht und sehr interessant. Aber darüber und damit den Inhalt der Ausstellung will ich an dieser Stelle gar nicht viel verraten – darüber wird ein gesonderter Blogbeitrag erscheinen, wenn wir dagewesen sind – „unsere“ Puppen und die Ausstellung besuchen. D.h. „Fortsetzung folgt“.

Link zur Ausstellung:

https://amh.de/ausstellungen/burgen-in-hamburg-eine-spurensuche/​

Fotos und Text: Lis Mann

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