LeipzigReenactmentVölkerschlacht

„Völkerschlacht überrollt Sachsen“

„Völkerschlacht überrollt Sachsen“

Dieser Satz wurde zum Programm am Wochenende des 19. und 20.10.2013.

Der Eindruck von mir (Reenactor Frühmittelalter)  als Zuschauer bei dieser Großveranstaltung ist zwiespältig. Auf der einen Seite die wirklich riesigen Biwaks, die vielen Teilnehmer aus der ganzen Welt und die eigentlich gut choreografierte Schlachtdarstellung. Auf der anderen Seite eine Organisation, die von ihrem eigenen Werbeerfolg praktisch überrollt wurde.

Aber der Reihe nach.

Die ganze Woche stand in Leipzig im Zeichen der Völkerschlacht. Man konnte den Medien nicht entgehen. Das Thema wurde ausführlich von allen Seiten bearbeitet. Störend fiel mir nur auf, dass man sich als Reenactor für sein Hobby rechtfertigen muss. Warum eigentlich?

Am Sonnabend waren wir in Liebertwolkwitz.  Der öffentliche Nahverkehr funktionierte. Und so haben wir relativ schnell das Dorf erreicht. Bereits beim Zugang zum Dorf (Eintritt 8€) fiel auf, dass mit dermaßen vielen Leuten kaum einer gerechnet hatte. Lange Schlangen überall, zu wenig Speise- und Getränkeversorgung, die noch dazu vorzeitig ausverkauft war, und sehr schnell kam bei einigen Leuten Unmut auf. Im Großen und Ganzen aber eine schöne Veranstaltung, zumal der ganze Ort am Geschehen teilnahm. In und bei Liebertwolkwitz gab es noch Biwaks. Diese konnte man ebenfalls besichtigen. Und auch hier gaben sich die Darsteller große Mühe, ihre jeweils spezielle Darstellung zu erklären. Die Abendveranstaltung „Entzünden der Wachfeuer“ kostete nochmals Eintritt 6€.

Von Liebertwolkwitz ging es weiter nach Markleeberg und Dölitz. Hier in den Biwaks das gleiche Bild. Schöne Biwaks (der Besuch nur der Biwaks ohne Programm war kostenfrei), nette Erklärer und sehr viele Besucher.

Am Sonntag dann das Hauptevent -> die Schlachtdarstellung. Hier zeigte sich dann, dass die Organisation für die Darsteller halbwegs funktionierte, die Organisation für die zahlenden Zuschauer (Eintritt 15€) jedoch völlig überfordert war. Im Unterschied zu den vergangenen Jahren war ein anderes, deutlich größeres Gelände gewählt und abgesperrt worden. Was für die Darsteller viel Platz einbrachte, war für die Zuschauer eher frustrierend, denn geschätzte 70% der Zuschauer durften vom Geschehen auf dem Schlachtfeld mangels Sicht aus der 3. bis letzten Reihe sehr wenig mitbekommen haben. Es gab nur verhältnismäßig wenig Stehplätze, die einen Einblick auf das Schlachtfeld und somit das Geschehen gestatteten. Die Schlacht konzentrierte sich auf den mittleren bis rechten Teil des Schlachtfeldes. Der linke Teil sah zwar die französische Armee aufmarschieren und vorgehen, der Rest des Geschehens war dann aber weit weg oder nicht zu sehen und somit nicht mehr gut zu verfolgen. Hinzu kamen die mangelhaften Erklärungen zum Geschehen. Zwischendurch gab es sogar eine halbstündige Lücke ohne jegliche Erklärung. Als Erläuterung für dieses Schweigen wurde gesagt, dass das Fernsehen auch originalen Gefechtslärm wollte, und so wurde eben gar nichts mehr erklärt. Die Handlungen, die in ca. 3 Stunden die Schlacht von 4 Tagen zusammenfassen sollte, liefen somit im Pulverdampf für die meisten Zuschauer als Rätsel ab. Der Gipfel des Geschehens war der Abschluss mit einer Schweigeminute für die vor 200 Jahren gefallenen Soldaten und zivilen Opfer. Nicht einmal auf dem Schlachtfeld kehrte wirklich die erwartete Ruhe ein. Es wurden weiter Befehle gebrüllt und Einheiten marschierten weiter. Von Gedenken kaum eine Spur.

Der Moderator der Veranstaltung verstieg sich bereits am Anfang zu der Bemerkung, er wäre überrascht über die vielen Gäste. Was sollte denn dies bedeuten? Wenn ich 27.000 Karten im Vorkauf verkaufe, dann muss ich damit rechnen, dass diese Leute auch wirklich kommen. Und 15€ für einen Stehplatz nur für die Gefechtsdarstellung ist ja nicht gerade wenig. Also sollte dieser Besucherandrang nicht überraschend sein. Letztendlich werden ca. 32.000 – 35.000 Zuschauer bei dieser Veranstaltung gewesen sein. Und dafür war sowohl das Gelände für die Zuschauer als auch die Versorgung nicht geplant. Ein schönes Erlebnis war es wohl nur für die Besucher des VIP-Bereiches, der Presse und der Tribünen, die direkt am Zentrum lagen. So bleibt bei vielen ein schaler Nachgeschmack. Dass die LVB in dem Ansturm kaum bewältigte, war dann nur noch ein Punkt in der organisatorischen Fehlleistung. Frech auch die Meinung des Veranstalters auf mdr 1 Radio Sachsen, wer nichts sehen konnte, weil er hinten stand, hätte eben eher kommen müssen. Dazu das bekannte Zitat von Gorbatschow (Wer zu spät kommt, …). Dass so viele Besucher nichts sehen konnten, lag nicht am Zuspätkommen. Wer sich die Luftbilder der Gefechtsdarstellung vom Sonntag ansieht, kann erkennen, dass diese Darstellung nur für das Fernsehen (MDR) und für die VIPs organisiert wurde.

So bleibt festzuhalten, es hätte sehr schön werden können, wenn nur nicht so viele Zuschauer gekommen wären. -> „Völkerschlacht überrollt Leipzig“

Noch einige Bemerkungen vom Reenactor zum Reenactment:

–         Perkussionsgewehre gehören nicht in die Darstellung der Befreiungskriege.

–         Wer 2.000 – 3.000€ für seine Uniform ausgibt, sollte die 200€ für richtige Schuhe auch noch drauflegen. Was hier manchmal gezeigt wurde, war schon gruselig. Auch wenn man es auf den Fotos kaum erkennen kann.

–         Die Gefechtsdarstellung auf zwei Tage zu verteilen, wäre für die Zuschauer sicher angenehmer gewesen.

–         Die Darstellungen müssen erklärt werden, gerade die Gefechtsdarstellungen. Auch die jeweils agierenden Gruppen/Truppen hätten wenigstens kurz beschrieben werden müssen.

Wenigstens hat es den meisten Darstellern gefallen.

Fazit: Beim nächsten Großevent in Leipzig nur noch die Biwaks, die Gefechte dann im Fernsehen. Das ist preiswerter und man sieht wenigstens etwas.

Mit Grüßen Rike, Hemmo und Buteo

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